In den Klauen des Tigers by Wolf Stefan

In den Klauen des Tigers by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Von alldem ahnten Karl und Klößchen nichts, als sie beim Polizeipräsidium eintrafen. Sie erkundigten sich nach Glockner und Tarzan. Ein Kollege des Kommissars informierte sie. Er hatte auch beobachtet, daß Tarzan mit Glockner weggefahren war.

„Soviel ich weiß, will Kollege Glockner die Mädchengruppe suchen“, sagte er.

Die Jungs bedankten sich, stellten Tarzans Rennrad — mit dem sie sich nicht länger belasten wollten — auf den Hof des Präsidiums und überlegten dann, was zu tun sei.

„Fahren wir doch erstmal ins Heinrichstal“, schlug Karl vor.

„Es liegt am Weg. Wir können Zeisig sagen, was inzwischen passiert ist. Er wird am besten wissen, wie man Napur behandelt. Wäre ja ein Jammer, wenn der Tiger erschossen wird.“

Klößchen fand die Idee gut und hoffte heimlich, auch Leni anzutreffen. Sie hatte es ihm angetan. Zu dumm nur, daß er immer für Mädchen schwärmte, die soviel älter waren als er!

„Was meinst du“, fragte er, „nimmt Glockner Tarzan in den Wald mit?“

„Könnte schon sein.“

„Das ist aber für beide gefährlich.“

„Noch gefährlicher für die Mädchen. Die ahnen ja nicht, daß da ein Tiger rumschleicht.“

„Ich könnte Tomasino erwürgen!“ Klößchen griff wütend in die Luft, dann aber gleich wieder zum Lenker, denn das Vorderrad stieß gegen einen Stein und stellte sich quer.

„Der ist nicht normal“, sagte Karl. „Wahrscheinlich verschwindet er für den Rest seines Lebens in einer Heilanstalt.“

„Als Strafe ist das so schlimm wie Gefängnis.“

„Schlimmer.“

Es war später Vormittag, als sie das verlassene Gehöft im Heinrichstal erreichten.

Zeisigs Straßenkreuzer und Lenis Blechwanze parkten vor dem Wohnhaus. Der Zirkusdirektor und seine hübsche Tochter waren damit beschäftigt, eine Plastikwanne voller großer Fleischstücke in den Kofferraum des Chevrolets zu verladen.

„Wir haben Tomasino gefunden“, rief Klößchen. „Sie können sich nicht vorstellen, was der...“

„Wir wissen schon alles“ fiel Leni ihm ins Wort.

Sie war blaß. Ihrem Vater stand Verzweiflung ins Gesicht geschrieben.

„Carlos Wahnsinnstag“, sagte er, „hat sich herumgesprochen. Die Männer vom Zoo, die vorhin unsere Tiere abgeholt haben, berichteten uns. Das Polizeipräsidium hat sich nämlich an Dr. Jansen gewandt, den Tierarzt des Zoos. Weil man wissen wollte, wie ein Königstiger sich in Freiheit verhält.“

Klößchen nickte, grinste Leni an, wobei er rot wurde, und deutete dann auf die Fleischbrocken.

„Und das?“

„Wir wollen in den Großen Wald“, erklärte Leni, „und das Fleisch auslegen. Ich habe es gleich besorgt, als wir hörten, was mit Napur ist. Hier!“

Sie nahm eine Plastikflasche aus dem Kofferraum. „Das ist ein Schlafmittel, das auch Tiere vertragen. Damit präparieren (vorbereiten) wir das Fleisch. Wenn Napur davon frißt, schläft er ein. Er könnte dann in seinen Käfig gesteckt werden — und wäre gerettet. Er bliebe am Leben.“

Ihre Stimme zitterte.

„Wäre prima“, nickte Klößchen. „Und eine echte Möglichkeit. Jetzt meint natürlich jeder, der Schutz der Allgemeinheit gehe vor. Stimmt ja auch. Der Tiger darf niemand anfallen.“

„Sie jagen ihn bereits“, sagte Zeisig traurig. „Sogar ein Hubschrauber ist eingesetzt. Aber der eignet sich nicht zur Tigerjagd. Aus der Luft werden sie ihn nicht entdecken. Tiger meiden freies Gelände. Sie pirschen dort, wo der Wald am dichtesten ist. Sie lieben sumpfige, morastige Stellen. Und sie reißen nur soviel Beutetiere, wie sie auch fressen. Sie lassen nichts übrig, sondern kehren immer wieder zum Riß zurück, selbst wenn das Fleisch schon fault und stinkt.



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